17
Nov
2006

...und jetzt?

Jetzt haben wir ihn; den eigenen Quartierskandal. Einen der die Schweiz ein wenig aus den Fugen hebt und hier jeden sprachlos macht. Die Schlagzeile war heute zu lesen. In Zürich wurde ein 13 Jähriges Mädchen von 13 Jungs mehrmals vergewaltigt. Zürich ist gross. Die Meldung, eine von vielen. Doch dann ändert sich plötzlich alles. Dann, wenn man hört, dass es hier ist, ein paar Strassen weiter von diesem Stadtteil. Keinen Kilometer entfernt. Für einen Augenblick wirkt die Meldung wie ein Hammerschlag.

Und ich frage mich, was ich tun soll. Ich frage mich, will ich die wilden Kerle wirklich hier aufwachsen lassen? Hier zu Schule schicken? Muss ich dann Angst haben? Tausend Fragen rasen durch mein Gehirn. Ich fühle mich nicht sicher. Ich fühle mich für sie nicht sicher. Was wenn es irgendwann man mich trifft? Was dann?

Doch seien wir ehrlich. Egal wo man hinzieht. Irgendwo lauert das Böse, in einem idyllischen Vorgarten. Es kann in Zürich sein oder in Hinterpfupfiken. Es spielt keine Rolle.

Was mich noch mehr schockiert ist die Tatsache, dass die Kinder das letzte bisschen Unschuld verloren haben. Die Schuld wird gesucht und sie wird zugewiesen. Den Medien, dem Internet, der mordernen Kommunikation. Sie sind schuld. Punkt. Doch so einfach ist es nicht. Es ist bitter, aber hier hat die ganze Gesellschaft versagt. Weil wir müde sind. Müde auf unsere Kinder aufzupassen. Ihnen Eltern zu sein. Ihr Trotz, ihr Auflehnen, ihre tausend Fragen, ihr was-auch-immer, ist uns lästig. Wir haben lieber unsere Ruhe. Wenn das Feierabendbier wichtiger wird als das Kind das erzählen möchte was in der Schule ablief heute, wenn das Buch lesen interessanter ist als sich mit seinen Kindern zu beschäftigen, dann kann man eigentlich auch zur Tür raus und muss nicht mehr kommen.

Es gab eine Zeit, da war es chic kein Elternteil zu sein, sondern ein Kumpel. Doch Kinder haben genug Kumpel. Was ihnen fehlt und was sie brauchen ist jemand an dem sie sich festhalten können, wenn ihre Welt ins Wanken gerät. Jemanden der ihnen zuhört, wenn es kein anderer mehr tut. Ein zuhause haben sollte man dort, wo man lebt und nicht bei seinen Kumpels. Doch irgendwann hat man das vergessen. Zu wichtig wurden die Karriere und das persönliche Verwirklichungsfeld. Und eines schönen Tages steht die Polizei da und erklärt einem, wieso das Kind nun in gewahrsam kommt. Kann man sich da nicht gleich selbst erschiessen?

Es ist schlimm. Es ist so schlimm. Muss ich meinen wilden Kerlen nun misstrauen einimpfen gegenüber den Mitmenschen? Jetzt sind es nicht mehr nur böse Männer die einen in Autos zerren sondern es könnte auch der Kumpel vom Spielplatz sein.
Ist es das? Ist das die Zukunft? Oder wann finden wir wieder dorthin wo wir hingehören? Wann sind Lehrer nicht mehr geburnouted sondern engagiert? Wann erkennen Eltern wieder, wenn ihr Kind schweigsamer ist, sich verändert? Wann fragen sie nach und sehen nicht weg nur weils einfacher ist? Wann ist der Kumpel wieder nur ein Kumpel?

Als wir das kleine Bündel Mensch damals zum erstenmal im Arm hielten, schworen wir für uns selbst, dass wir alles tun werden, um diesen Mensch zu behüten und zu beschützen. Wir schworen, dass wir unser Leben für dieses kleine Geschöpf geben würden und jeder der ihm böses will würde unseren Zorn zu spüren bekommen.

Wann fangen wir endlich an, zu beschützen?

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