19
Jun
2006

Das Schlimme in uns

Bei solchen News geht mir jedesmal das Messer im Sack auf. Echt!

Und ich frage mich, was bewegt eine Mutter dazu, solch eine grässliche Tat zu vollbringen? Das Kind ist der Mensch der einem am nächsten steht, zumindest sollte es das. Ich würde für meine Kinder töten und das meine ich wortwörtlich. Wer ihnen jemals ein Leid zufügt wird meine Rache spüren und eher würde ich mir eine Hand abhacken als ihnen ein Leid anzutun.

Was also bewegt diese Menschen? Gab sie ihm einen Kuss bevor sie ihn ins Wasser tat? Bat sie ihn um verzeihung? Schlief er? Oder lächelte er sie an? Und wie kalt muss ein Herz sein um ein solch wehrloses Geschöpf in den Tod zu schicken. Absichtlich und geplant.

Es gibt Momente als Eltern, bei Vätern wie bei Müttern, die sind schwer. Da kommt man an seine Grenzen und merkt das einem alles abverlangt wird. Je nach Typus kann das eine Kleinigkeit sein oder es kann ein Häufchen Dinge sein die sich ansammelten. Wir sind nur Menschen und wir möchten perfekt sein. Für die Kleinen. Wir werden es jedoch niemals schaffen. Denn wir sind Menschen und keine Übermenschen.

Es ist keine Schande Hilfe zu holen. Es ist keine Schande einen Elternnotruf anzurufen und es ist keine Schande einfach zu sagen, ich kann nicht mehr mir fehlt die Kraft.

Die Schande ist es, dass wir es nicht tun. Das wir nicht mehr sehen wenn es jemandem schlecht geht. Das uns unser Stolz es verbietet um Hilfe zu bitten oder Hilfe anzubieten. Was ist nur aus uns geworden, wenn wir unsere Kinder töten? Wir, die wir zuoberst an der Nahrungskette stehen, degradieren unsere Spezies ins tiefste Aus. Und wo werden wir sein, wenn uns unsere Moral nicht stoppt vor den Wesen die uns am nötigsten brauchen? Die uns bedingungslos vertrauen und wo es unsere Pflicht als Menschen ist Sorge zu tragen.

Wir haben eine Verantwortung. Tanten, Onkel, Göttis, Gotte, Grosseltern, und wer alles in unser soziales Netz gehört. Wir alle kriegen die Aufgabe ein Leben zu beschützen. Es geht nicht darum zu gefallen sondern Sorge zu tragen zu jemandem. Haben wir dies verlernt sind wir nichts mehr Wert.

Ich verurteile solche Taten zutiefst. Ich schäme mich zutiefst für die Spezies der Menschen, weil sie vergessen haben was Moral, Liebe und Verantwortung bedeuten. Es ist zu einem Wort geworden, bei vielen. Zu mehr aber nicht.

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hexamore - 19. Jun, 19:28

"Ich würde für meine Kinder töten und das meine ich wortwörtlich" das kann ich 1:1 so übernehmen.... und trotzdem - nicht, dass ich diese frau in schutz nehmen möchte oder gar ihre tat entschuldigen möchte - denke ich, dass sie nicht bei 'verstand' war, als sie dies getan hat. und demzufolge (und vielleicht auch schon vorher....) auch gar nicht hilfe in anspruch nehmen konnte, geschweige denn solche annehmen....

Taylors Vintage - 19. Jun, 22:16

Sie tat das Kind in einen Fluss zu tun. Nicht aussetzen in einem Einkaufscenter, einer Post, einem Park, nein ein Fluss. Damit es niemals wiederkehrt. Soviel Verstand hatte sie, dass sie es dorthin tat wo es nie wieder zu einer Belastung wurde. Wo es ihr keiner zurück bringen kann. Wo es verschwindet. Es braucht meiner Ansicht nach etwas Verstand um dies zu tun. Noch mehr Verstand braucht es nachher zur Polizei zu gehen. Wäre sie von Sinnen gewesen wäre sie nach Hause gegangen.

Nur Frauen töten so. Frauen töten in den meisten Fällen passiv. Weil es leichter ist. Männer erschlagen, erschiessen, erstechen, ersticken. Alles Verbrechen wo sie aktiv sind. Frauen denken anders. Sie töten passiv und somit schieben sie es von sich. Sie tat ja nichts. Sie legte das Kind in den Fluss und es ertrank wegen dem Wasser. Der Fluss ist Schuld. Sie hat es ja nicht selbst getötet. Psychologisch gesehen eine finesse doch es zeugt von Verstand.



Es mag bescheuert klingen, völlig irre, aber ich hoffe, dass in diesem Augenblick der Schutzengel des Kleinen bei ihm war. Ihm die Angst nahm.
pipistrella - 20. Jun, 08:25

ich stimme hexamore zu. die frau war gar nicht mehr in der lage, vernünftig zu denken und sich um eigen-hilfe zu kümmern.

und das von wegen fluss... ich vermute, sie dachte, das kind schwimmt in der tasche und wird dann von jemandem gefunden, wie anno dazumal moses... ich glaube kaum, dass sie es absichtlich ins wasser tat mit dem vorsatz, das kind ertrinken zu lassen, sonst hätte sie es nämlich von anfang an getötet.

und irgendwie muss ich schon noch was zum thema hilfe sagen: unsere gesellschaft sähe immer noch gerne supermamies, die kinder, beruf und haushalt ohne probleme im griff haben. in diesem umfeld die schwäche einzustehen, dass man überfordert ist, braucht viel moralische unterstützung von denen rundherum und auch dann muss man sich ständig bei allen rechtfertigen.
ich sprech da übrigens aus eigener erfahrung. ganz so einfach, wie du das hier beschreibst, ist es nämlich nicht. nicht jeder ist in sich so sicher, dass er sagt: was ich mache, geht nur mich was an und es ist mir egal, was die andern sagen. und grade, wenn man überfordert ist, sieht man vor allem nur all jene, die alles super im griff haben und die einen von oben herab verächtlich ansehen (zumindest hat man das gefühl), weil man selber nicht mehr zu recht kommt.
Taylors Vintage - 20. Jun, 09:37

@pipistrella

da wiederspreche ich dir jetzt. Jeder, sogar ein Kind weiss, dass man im Wasser ersäuft wenn man nicht schwimmen kann. Der Moses Gedanke ist mir hier sehr abwegig. Zumal es ja ein Weg war den sie zurück legen musste. Per Wagen oder zu Fuss. Sie hatte Zeit zum denken und tat das Kind ins Wasser. Ich nenne das Vorsatz. Eifach nur Absicht. Und sie wollte das Kind wohl los werden. Und sie tat es auf eine Art und weise die sehr grausam ist. Hätte sie es erschlagen, hätte man von einem Affekt ausgehen können. Das Kind hat sie überreizt, sie hat es erschlagen weil es der letzte Tropfen auf den heissen Stein war.
Hier jedoch hatte sie Zeit es zu tun. Es war kein Affekt in meinen Augen, es war geplant. Somit ist der Vorsatz erbracht, der Wille es zu tun.

Wie gesagt, es ist erwiesen, das Frauen meist passiv töten. Sie fühlen sich dann weniger Schuldig. Diese Aussage kann ich per Literatur belegen. Und ich meine hier nicht Agatha Christie :-)


Zum zweiten stimme ich dir zu. es stimmt das wir hier in einer Leistungsgesellschaft leben. Jeder ist besser als der andere und jeder möchte super sein. Das macht auch vor den Müttern nicht halt.
Ich erlebe viel, dass ich am Anschlag bin. Das ich finde ich sei eine miserable Mutter und eine schreckliche Person weil ich manchmal laut werde. Was ich jedoch erlebe, wenn ich darüber spreche ist, dass viele genauso fühlen. Ich höre oft, dass es ihnen genauso gehe, dass die Woche mehr als Scheisse war und dass sie sich unfähig fühlen ihren Kindern gegenüber. Sich auszutauschen ist etwas wichtiges. Und zugeben, dass man sich halt jetzt gerade nicht so toll verhalten hat ist etwas gutes. Es fällt einem nicht leicht, mir auch nicht, denn damit zeige ich eine Schwäche. Ich gebe etwas zu, dass nicht immer positiv ist. Dass ich mich als Versager fühle. Aber es hilft wenn man hört, dass es anderen genau gleich geht. Es hilft enorm.
Deshalb finde ich nichts schlimmeres als Mütter bei denen immer alles süss wie Honig ist. Denn es kann nicht sein.

Ich weiss selbst dass es schwer ist Kinder plus Beruf plus Privatleben unter einen Hut zu bringen. Es ist ein Ding der (fast) unmöglichkeit alles perfekt machen zu wollen. Dieses Vorhaben ist immer zum Scheiter verurteilt. Denn es geht schlichtweg nicht. Man kann nicht überall 100% geben, denn man ist nur Mensch um dies wiedermal zu wiederholen.

Frauen wurde gesagt, dass sie Karriere machen können, Kinder grossziehen können und eine tolle Ehefrau sein können. Etwas davon wird immer zu kurz kommen, denn wir sind nicht Superwoman. Was ich überhaupt als nicht schlimm ansehe. Denn wir müssen nicht perfekt sein. Für unsere Kinder sind wir immer perfekt, weil sie uns so lieben wie wir sind. Vielleicht sollten wir auch mal anfangen uns so zu akzeptieren wie wir sind. Mit Fehlern.
pipistrella - 20. Jun, 09:52

sorry...nochmals, hier das zitat aus der zeitung:
"Im Morgengrauen habe sie ihr Söhnchen in einer Tasche ins Wasser gelegt".

ich gehe wirklich davon aus, dass sie meinte, die tasche schwimmt... (ich glaube grundsätzlich immer noch an das gute im menschen).

und alles andere: du gehörst zu den "gefestigten" menschen, mit einem guten starken umfeld (mann, eltern, freunde) und wichtig, einem guten selbstvertrauen.
menschen, denen dieses umfeld fehlt, denen das selbstvertrauen fehlt, wissen auch nicht, dass sie hilfe anfordern können, weil niemand da ist, um sie darauf hinzuweisen. und sie sind irgendwann einfach überfordert, in eine ecke gedrängt.

ich finde die tat an sich sehr schrecklich, aber ich kann den gemütszustand der frau nachvollziehen, der sie zu so was trieb. und ich frage mich, was man (die gesellschaft generell) machen kann, dass sowas nicht mehr passiert.
es reicht nicht, dass es elternnotruf, jugendamt etc. gibt. wie du richtig sagst, wir sind eine leistungsorientierte gesellschaft und ich denke, da muss ein umdenken stattfinden, dass mutter-sein kein leistungsorienter beruf sein darf.
Taylors Vintage - 20. Jun, 09:58

würd ich auch so schildern wenn ich Strafmilderung möchte. Ich komm dann in die Klapse und nicht in den Knast. Angenehm oder? Wahrscheinlich kriegt sie auch Bewährung weil die Umstände so schlimm sind. Ich könnt kotzen echt. Hallo! Wer zwei Kinder im Alter von 6 und 9 hat sollte Wissen wie Wasser auf Kinder wirkt. Nee, ich versteh das nicht. ich habe null Verständnis und ich verurteile es.

Es muss generell ein Umdenken stattfinden. Nämlich auch das Umdenken, dass NUR Mutter sein was tolles ist. Ich erlebe viel, dass es heisst, ach, du arbeitest nicht? Ich halt schon. ich brauche das für mich etc. etc. Meine Antwort darauf lautet immer: Weisst du, ich kann es mir eben leisten nicht zu arbeiten.
Ich spreche hier von den ich-will-alles-haben-Müttern. Die welche sich fürs Ego noch einen Job suchen und nicht weil sie ihre Familie unterstützen müssen oder alleinerziehend sind.

Man muss den Frauen mal wieder aufzeigen, dass Muttersein nichts zum schämen ist sondern eine durchaus ehrenwerte Aufgabe welche viel zu wenig honoriert wird in unserer Gesellschaft.

Ich kenne einige alleinerziehende. Darunter ein Mann. Und die machen ihre Sache toll, vor denen ziehe ich meinen Hut ganz tief weil es nicht einfach ist was sie tun. Und sie es toll machen.
momente - 19. Jun, 22:28

Man liest diesen Artikel so hilflos und wünscht sich, man hätte die Möglichkeit gehabt, einzugreifen und dieses hilfose Leben zu retten.

seenia - 20. Jun, 10:34

diese frau hatte ganz offensichtlich kein zurechnungsvermögen mehr. sonst kann man so eine 'tat' garnicht begehen.
ich würde sogar behaupten dass sie sogar krank ist. und solche menschen haben tatsächlich vergessen was liebe ist! vielleicht haben sie diese nie zu spüren bekommen?

es gibt definitiv keine entschuldigung so etwas zu tun, da stimme ich ihnen zu. ABER: es gibt sicher gründe, warum diese frau so krank ist und es soweit kam, dass sie eine solche tat begeht!

Taylors Vintage - 20. Jun, 12:04

Das klingt als habe sie kein Umfeld. Wo war der Mann? Die Freundin? Die Eltern? Hat niemand was gemerkt? Schwiegen alle, wie sie es oft tun? Ich kenne selbst Familien welche sich möglichst aus dem Weg gehen was ich persönlich nicht verstehe. Sie reden nicht miteinander sondern nur voneinander. Was dies hier so? Wo war die Gotte? Der Götti? War sie eine so gute Schauspielerin? Oder interessierte es schlichtweg niemanden? Lebte sie zwei Leben oder hat man sich geschämt sein Problem jemandem anzuvertrauen. Haben alle weggesehen oder nur daran vorbei?

Sie löschte die Ursache ihres Problems aus. Doch das Problem ist nur sie. Wäre sie auch im Fluss ertrunken, dann wäre sie konsequent gewesen. Doch sie lebt weiter. Klar, jetzt wird jemand sagen, aber mit dieser Schuld leben ist schwer.

Wer ein Gewissen hat, der macht sowas nicht. Wer keines hat schon und die können dann gut weiter leben.


Wenn wir, wenn uns das Problem über den Kopf wächst zu Kindermördern werden, dann hat unsere Gesellschaft aufs gröbste versagt. Und das hat sie allem anschein nach bereits.
Mir ist das unbegreiflich. Absolut unbegreiflich. Nicht einmal Tiere tun sowas. Unsere Gesellschaft sollte sich schämen, dass sowas passiert in unserer Zeit.
rage - 20. Jun, 20:54

sorry,

dass ich hier auch noch meinen kommentar dazugeben muss. ich stimme mit frau taylor überein: diese tat war geplant. und klar war die frau krank im kopf oder sonst wo, aber sie hat die tat, wie schon erwähnt wurde, an eine höhere macht outgecourct. man hat sofort das bild von moses im kopf, aber vielleicht hat sie auch die wallander-verfilmung "vor dem frost" gesehen, wo eine sekte ebenfalls ein kleines kind in einem see in einem korb ausgesetzt hat.

aber darum geht es gar nicht. diese frau war überfordert, weil wir alle übermütter sein müssen, auch wenn wir es gar nicht wollen. man ist schlecht, wenn man nur mutter ist - und das schreibe ich bewusst nicht in anführungszeichen - und man ist schlecht, wenn man noch arbeiten will. in unserer gesellschaft ist es nur dann legitim als mutter zu arbeiten, wenn man muss, und dann werden die kinder gleich bemitleidet. früher nannte man diese kinder schlüsselkinder. heute sind sie der schlüssel zu allem schlechtem, weil wenn mal was passiert, dann sind es immer diese kinder, die dahinterstecken.

diese frau wollte keine hilfe. sie wollte ihr kind nicht mehr, und wenn man seiner genetisch bedingten mutterliebe nicht nachkommen kann oder will, ist man des teufels. ein teufelskreis. ich kann nicht verstehen, wie man sein kind einfach einen fluss hinunter gehen lassen kann. und ich will es auch nicht verstehen. vielleicht hoffte sie, dass das kind wie damals moses von einem fremden entdeckt und dann ein schöneres leben haben wird. falsch gedacht, jedenfalls im weltlichen sinne.

ganz schlimm übrigens auch der amok-fahrer von bülach. wäre es mein kind gewesen, dass einen (sic) kilometer mitgeschleift worden wäre, ich würde zur waffe greifen. ich würde töten für mein kind, auch wenn es niemandem nützt.

letztendlich bleibt eigentlich nur die hoffnung. für sich, für den partner, für das kind. mögen wir glücklich bleiben.

Taylors Vintage - 20. Jun, 22:51

Schön gesagt Frau Rage. Und das meine ich in keinster Weise zynisch.

Und noch was, ich finde es sehr sehr schön das es zu diesem Beitrag viele Kommentare gab. Den es zeigt mir, dass es immer noch Menschen gibt, die sich Gedanken machen und nicht einfach die Seite der Zeitung umblättern.

Wir müssen unsere Kinder, die kleinen wie die grossen Beschützen und wir müssen vor sie stehen und wenns hart kommt für sie einstehen. Man nennt dies Eltern sein. Es ist der schwerste Job der Welt. Aber was gibt es schöneres?
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